Deutsch-Polnisch-Ukrainische Gesellschaften für Zusammenarbeit: ein paar Worte zum Projekt
Das Projekt Deutsch-Polnisch-Ukrainische Gesellschaften für Zusammenarbeit entstand aus der Idee, eine Dialogplattform für Arbeitsmigranten und Gewerkschaften zu schaffen, die die kulturelle Integration von Migranten fördert und den Schutz angemessener Arbeitsbedingungen für diese Gruppe von Arbeitnehmern gewährleistet.
Die Deutsch-Polnisch-Ukrainischen Gesellschaften für Zusammenarbeit wurden am 1. August 2022 dank der Zusammenarbeit von Partnern aus Polen, der Ukraine und Deutschland gegründet: Polnischer Wanderarbeiterverband, die deutsche Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die ukrainische Bauarbeitergewerkschaft Profbud und der Europäische Verein für Wanderarbeiterfragen. Das Projekt wurde vom deutschen Außenministerium aus Mitteln der Östlichen Partnerschaft kofinanziert.
In den vergangenen sechs Monaten haben die Projektkoordinatoren Informationsmaterial in Form von Posts, Podcasts oder Newslettern erstellt. Mit dem Projekt sollte eine länderübergreifende Diskussion über zentrale und wichtige Werte für Arbeitnehmer – auch aus gewerkschaftlicher Sicht – angestoßen werden.
Vertreter von Gewerkschaften aus Mittel- und Osteuropa tauschten auf der Abschlusskonferenz am 12.12.2022 online ihre Gedanken, Schlussfolgerungen und Erfahrungen mit dem Projekt aus. An dem Treffen nahmen Gäste aus verschiedenen Teilen Europas teil, nicht nur aus Polen, Deutschland oder der Ukraine, sondern auch aus Litauen, der Slowakei, Moldawien, Bulgarien, Rumänien und Georgien.
Wie hat der Krieg den ukrainischen Arbeitsmarkt verändert?
Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat Millionen von Ukrainern gezwungen, ihr Land zu verlassen. Wassili Andrejew, Vorsitzender der ukrainischen Baugewerkschaft Profbud, sprach auf der Konferenz über die gewerkschaftliche Zusammenarbeit und Solidarität in dieser schwierigen Zeit. Über die Erfahrungen und Probleme der Gewerkschaftsarbeit während des Krieges berichtete auch Oleg Borysov – stellvertretender Vorsitzender der ukrainischen Baugewerkschaft Profbud. Seit den ersten Tagen des russischen Einmarsches in der Ukraine leistet Profbud humanitäre Hilfe und hat bisher bereits mehr als eine Million Menschen unterstützt, die vom Krieg betroffen sind. Oleg Borysov betonte auch, dass die Probleme der ukrainischen Flüchtlinge nach wie vor eine Herausforderung darstellen, der es sich zu stellen gilt. Es ist von größter Bedeutung, ihnen zu helfen, sich an ihre neue Situation zu gewöhnen und ein aktives soziales und berufliches Leben zu beginnen.
Nach UN-Angaben wurden europaweit bereits fast 5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine registriert, in Wirklichkeit könnten es aber bis zu 8 Millionen sein. Die meisten von ihnen befinden sich in Polen, Deutschland und der Tschechischen Republik.
Oleg Borissow wies darauf hin, dass der ukrainische Arbeitsmarkt vor großen Problemen stehe, wie etwa der Verschuldung von Unternehmen und der daraus resultierenden Einbehaltung von Löhnen. Einschränkungen des Arbeitsrechts und der Gewerkschaftsrechte – die Vorenthaltung bestimmter Bestimmungen von Tarifverträgen und die Unfähigkeit, diese umzusetzen – stellen ebenfalls eine große Herausforderung dar. Darüber hinaus hat der Ausbruch des Krieges in der Ukraine das Risiko von Unfällen, einschließlich tödlicher Unfälle, bei der Arbeit in Kriegsgebieten erheblich erhöht. Er wies auch darauf hin, dass es lange dauern wird, bis sich der ukrainische Arbeitsmarkt von den durch die russische Invasion verursachten Verlusten erholt hat.
Wie hat der Krieg in der Ukraine den Arbeitsmarkt in Polen verändert?
Sebastian Koćwin, stellvertretender Vorsitzender der OPZZ, und Jakub Kus von ZZ Budowlani , sprachen über die Erfahrungen mit dem Zustrom ukrainischer Flüchtlinge auf den polnischen Arbeitsmarkt nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Die Allpolnische Allianz der Gewerkschaften hatte sich schon lange vor dem Ausbruch des Krieges für Arbeitsmigranten aus der Ukraine eingesetzt. Die Gewerkschaft der ukrainischen Arbeiter in Polen ist seit 2016 aktiv. Sebastian Koćwin berichtete außerdem, dass bereits 700.000 ukrainische Bürger in Polen Arbeit gefunden haben.
Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges war die Frage der Rechtmäßigkeit der Beschäftigung sehr besorgniserregend, weshalb die OPZZ eine Vereinfachung der Regeln für die Legalisierung dieses Prozesses forderte. Ein erhebliches Problem ist auch die Beschäftigung von Flüchtlingen aus der Ukraine auf dem Schwarzmarkt oder auf der Grundlage unsicherer Verträge, die den Arbeitnehmern z. B. keinen bezahlten Urlaub oder keine normalen Arbeitszeiten garantieren. Dies hat zur Folge, dass diese Personen oft mehr als 8 Stunden pro Tag arbeiten. Eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt in Polen nach dem Ausbruch des Krieges ist nach wie vor die soziale und berufliche Integration der ukrainischen Bürger. Die Ukrainer sprechen sehr oft nur ihre Muttersprache und sind mit dem polnischen Arbeitsrecht nicht vertraut. Um unlautere Praktiken und die Ausbeutung ukrainischer Arbeitnehmer zu verhindern, hat die OPZZ ein Zertifizierungssystem für Zeitarbeitsfirmen eingeführt.
Jakub Kus von ZZ Budowlani sprach ebenfalls über die Situation der Wanderarbeiter und wies auf das Problem der Legalität der Beschäftigung von Ukrainern in Polen hin. Er betonte auch, dass 38 % von ihnen zwischen 18 und 26 Jahre alt sind und dass ein großer Teil von ihnen im Baugewerbe arbeitet. Es stellt sich heraus, dass sie in der Regel viel mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, wobei der geschätzte Durchschnitt bei bis zu 57 Stunden liegt. Dies ist ein großes Problem, das so schnell wie möglich gelöst werden muss.
Wie kann man Arbeitsmigranten aus der Ukraine helfen?
Wanderarbeitnehmer aus der Ukraine sind mit vielen Problemen konfrontiert, aber viele werden noch kommen. Einige werden erst nach dem Ende des Krieges auftauchen oder sich verschärfen. Jonathan Cornah von der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) wies darauf hin, dass die Aufgabe der Gewerkschaften – nach dem Ende des bewaffneten Kampfes in der Ukraine – darin bestehen wird, die ukrainischen Bürger beim Wiederaufbau des Landes zu unterstützen. Vor allem die Arbeitnehmer im Bausektor werden dann eine wichtige Rolle spielen. Er betonte auch, dass die Arbeitsrechte der Ukrainer nicht in den Hintergrund geraten dürfen. Die Gewerkschaften sollten sich daher jetzt um ihre Sicherheit kümmern und dafür sorgen, dass sie eine gute Zukunft haben – indem sie die Ausbeutung durch unehrliche Arbeitgeber verhindern und sich um ihre Interessen auf dem europäischen Arbeitsmarkt kümmern.
Der Krieg darf sich nicht negativ auf die Rechte der Arbeitnehmer auswirken. Deshalb ist die transnationale Zusammenarbeit und Solidarität mit Wanderarbeitnehmern so wichtig.
Krzysztof Getka von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Warschau sprach über die Entstehung der Idee, eine Dialogplattform für Partner aus der mittel- und osteuropäischen Region zu schaffen, die den Austausch von Erfahrungen ermöglicht und auch den Umfang der Hilfe für Wanderarbeitnehmer erweitert.
Der internationale Erfahrungsaustausch ist nicht nur für Arbeitsmigranten, sondern auch für die europäische Gemeinschaft insgesamt von großer Bedeutung. Christian Beck von der IG BAU wies darauf hin, dass eine solche Zusammenarbeit langfristig die Verbindungen auf dem europäischen Arbeitsmarkt stärken und damit die aktive Teilnahme am beruflichen und sozialen Leben für alle Arbeitnehmer erleichtern kann.
Was hat das Projekt „Deutsch-Polnisch-Ukrainische Gesellschaften für Zusammenarbeit“ gebracht?
Die polnischen, ukrainischen und deutschen Partner haben sich gleich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit ein klares Ziel gesetzt: eine Kooperation zur Integration von Migranten zu entwickeln und ihnen durch einen transnationalen Dialog menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu garantieren. Die schwierige Situation der Arbeitsmigranten und ihrer Familien – insbesondere aus den östlichen Partnerländern – erfordert geeignete Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen.
Das sechsmonatige Projekt Deutsch-Polnisch-Ukrainische Gesellschaften für Zusammenarbeit organisierte Treffen und internationale Workshops zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zur Unterstützung von Arbeitsmigranten auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Durch mehrmonatige intensive Aktivitäten wurde ein Netzwerk geschaffen – eine internationale Plattform für den Dialog zwischen Flüchtlingen und Arbeitsmigranten, die langfristig ihre Position auf dem Arbeitsmarkt stärken und ihnen eine aktive Teilnahme am beruflichen und gesellschaftlichen Leben ermöglichen wird.